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Ariane Bilheran im Gespräch mit der Journalistin Ceri: Ermittlungen über vernetzte Pädokriminalität

Dernière mise à jour : il y a 1 jour


LA LUCARNE d’Ariane Bilheran

Antipresse 454, 11.08.2024.

 

Sie ist eine der hartnäckigsten und gründlichsten Ermittlerinnen dieses kaum erforschten Horrors.


Dieses Gespräch mit der Journalistin Ceri öffnet uns die Augen über die Abgründe eines Phänomens, das wahlweise vertuscht oder aber von den Medien nur oberflächlich gestreift wird.


Ich habe Ceri vor nunmehr zehn Jahren kennen gelernt. Sie betreibt einen Blog, in dem sie Indizien sammelt, Beweise untersucht, und Opfer von pädokriminellen Netzwerken ermittelt. Seit 2017 arbeiten wir gemeinsam über das Thema "WHO und sexuelle Rechte". Es war mir ein Anliegen, dass sie Zeugnis ablegt zu einer Zeit, in der die Existenz pädokrimineller Netzwerke plötzlich den Weg in die Medien findet, was ebenso wünschenswert wie geradezu unheimlich anmutet.

 


Ariane Bilheran:

Sie führen einen Blog namens dondevamos, in dem Sie regelmässig über Ihre Ermittlungen in Sachen Pädokriminalität berichten. Wie lange recherchieren Sie schon?

Ceri: 

Ich habe 2010-2011 angefangen, mich mit diesem Thema zu beschäftigen. Damals habe ich als Journalistin für die belgische Presse gearbeitet und recherchierte über Vermisstenfälle, sogenannte "Cold Cases". Die Spuren führten zur Dutroux-Clique, der als isolierter Triebtäter dargestellt wurde.


Ich hatte damals Zeugenaussagen und Dokumente zugesteckt bekommen, welche in meinen Augen die offizielle Version dieser Geschichte ernsthaft in Frage stellten.

 


Können Sie uns berichten, was Sie bisher über die Existenz von pädokriminellen Netzwerken herausgefunden haben?

 

Ich habe ziemlich schnell zwei Dinge verstanden. Das erste war, dass die Medien als Handlanger des Netzwerks fungieren und jeden angreifen, der es wagt, darüber zu berichten. Zweitens gab es in Belgien tatsächlich ein pädokriminelles Netzwerk, in das mächtige Leute verwickelt waren. Dieses Netzwerk blieb auch 15 Jahre nach dem Skandal noch völlig ungestraft. Pädokriminalität - einhergehend mit der Folterung von Kindern, der Ermordung von Kindern und Jugendlichen, ob Mädchen oder Jungen, in einem meist nicht ritualisierten Umfeld, d. h. ohne Kostüme, Pentagramme, Gesänge und sonstige rituelle Gegenstände – gehörte nicht zu den Kernaktivitäten dieses Netzwerks, sondern dienten eher als ein Werkzeug, um Leute zu kompromittieren und als Lockmittel für noch mächtigere Leute. Die Rede ist hier von Menschen ganz oben an der Spitze des Staates und der Geschäftswelt, von Aristokraten und hohen Geistlichen, von Menschen, für die die Kleinganoven, die manchmal für Schlagzeilen sorgen lediglich Handlanger sind. Das Erpressungsnetzwerk in Epsteins schwarzen Notizbüchern, das inzwischen entdeckt wurde, beruht ebenfalls auf Kompromittierung: er hatte in jedem einzelnen Zimmer seiner Villen Kameras installiert. Ähnliche Netzwerke gab es auch in Frankreich, Großbritannien, Spanien, den Niederlanden, den USA, Deutschland und Italien.

 

Diese Netzwerke weisen immer wieder das gleiche Pyramidenmodell auf und sie dienen nach meiner Einschätzung vor allem dazu, Veruntreuung, Betrug, Korruption, Waffen-, Drogen-, Organ- und Menschenhandel zu ermöglichen und zu vertuschen.


Niemand, vor allem nicht die Justiz, wird nachforschen, was hinter einem pädokriminellen Netzwerk steckt: Da man uns ständig im Fernsehen erzählt, dass es gar keine pädokriminellen Netzwerke gibt, werden die Ermittlungen ja sehr schnell eingestellt... umso schneller, wenn mächtige Personen involviert sind. Dasselbe passiert, wenn man den Kern des Systems angreift, z. B. den sogenannten "Sexualkundeunterricht": Es werden Kampagnen zur Verunglimpfung von Whistleblowern und zur Einschüchterung aller kritischen Stimmen orchestriert. Und dann gibt es in diesen Netzwerken natürlich auch noch einen Teil, der sogenannte "satanistische" Rituale praktiziert. Dies ist der Oberbegriff für ritualisierte sadistische Praktiken mit Inszenierungen. Es gibt diese Rituale auf allen Ebenen der Pyramide der pädokriminellen Netzwerke, auch oder sogar vor allem auf der obersten Ebene. Das alles kann ich aufgrund der Auswertung von Zeugenaussagen, von  Überschneidungen und der Ermittlungen auf Grundlage der vorliegenden Akten nachweisen.

 


Können Sie uns einen Überblick über Ihren persönlichen Werdegang geben?


Ich habe Geschichte und Journalismus studiert. Danach habe ich ca. zehn Jahre lang als Journalistin für die belgische Tagespresse gearbeitet. Seit etwa zehn Jahren arbeite ich nicht mehr für die Mainstream Presse, was ich keineswegs bedauere, allerdings habe ich meine Recherchen über pädokriminelle Netzwerke auf Grundlage der Aussagen von Opfern und der Überschneidungen, die ich nachweisen konnte fortgesetzt. Es gibt viele Fallstricke, wenn man an diesen Themen arbeitet. Es ist wichtig, alle Daten und Fakten so sorgfältig wie nur möglich zu überprüfen, denn auch wenn die allermeisten Zeugenaussagen zum jetzigen Zeitpunkt ehrlich sind, bleiben sie zwangsläufig subjektiv. Menschen können aus den verschiedensten Gründen auch lügen. Außerdem möchte ich erwähnen, dass ich auf eine lange Geschichte als Aktivistin für die Achtung der Menschenwürde und den Schutz der Schwächsten, insbesondere der Kinder, zurückblicken kann.

 


Sie waren die Erste, die einige "Überlebende", welche heute durch den gleichnamigen Film bekannt sind, auf Französisch interviewt hat, und Sie haben auch die "50 Voices" (50 Stimmen) ehrenamtlich übersetzt.


Können Sie uns sagen, worum es sich dabei genau handelt, und wie Sie die derzeitige mediale Aufmerksamkeit für diese Zeugenaussagen einschätzen?

 

Ja gern. Unter den Frauen, die hier Zeugnis ablegten, hatte ich das Glück, mich schon früh mit Anneke Lucas auszutauschen, bereits 2017. Wenn ich mich richtig erinnere war ich 2016 auf ihr sehr mutiges Zeugnis gestoßen, das war zu der Zeit, als ich über das belgische Netzwerk recherchierte. Sie hat mehrere Artikel die ich über sie auf meinem Blog veröffentlichte Korrektur gelesen und ergänzt. Damals waren solche Zeugenaussagen noch selten, und wir haben größte Vorsicht walten lassen, um Anneke zu beschützen, indem wir sie nicht direkt zitierten. Diese Artikel wurden kaum weiter verbreitet, aber sie gaben Aufschluss über den Aufbau und die Organisation des gesamten pädokriminellen Netzwerks auf Basis des belgischen Falls. In den letzten zehn Jahren habe ich noch mehrere, ähnliche Berichte von Kindern und Erwachsenen erhalten. Und im letzten Sommer fand ich im Internet die Videos "50 voices on ritual abuse", die für mich einen unerwarteten Fund darstellten: 50 Überlebende der von mir beschriebenen Netzwerke, aus den USA, Neuseeland, Großbritannien, Deutschland, der Schweiz, den Niederlanden und Belgien berichteten in kurzen Videos, was sie als Minderjährige erlebt hatten. Die große Anzahl ermöglicht es, die Vielfalt der Hintergründe, Organisationen, Verbrechen, perversen, sadistischen und psychopathischen Profile zu verstehen, wobei es durchaus Gemeinsamkeiten gibt, insbesondere was die psychologische und physische Foltermethoden angeht und häufig unter Techniken der mentalen Manipulation, der Konditionierung fallen, so auch übrigens in Frankreich, damit die Kinder schließlich so weit sind, selbst die Gräueltaten zu begehen, die man ihnen angetan hat.


Diese mentalen Programmierungen werden vor allem bei Kindern angewandt, die dazu auserkoren wurden, später wichtige Funktionen in der Gesellschaft zu übernehmen (Medien, Politik usw.). Dies sind sehr wichtige Zeugnisse, nach denen es meiner Meinung nach unmöglich ist, die Existenz dieser Netzwerke noch zu leugnen.


Ich nahm also Kontakt zu Chantal Frei auf, die sich stark für dieses Projekt engagiert, und schlug ihr vor, ehrenamtlich die Bücher ins Französische, und dann ins Spanische zu übersetzen. Die spanische Version ist noch lange nicht fertig, aber auf Französisch sind seit  Sommer 2023 inzwischen 47 Videos veröffentlicht.


Es ist leider so, dass über die „50 Stimmen ritueller Gewalt“ recht wenig berichtet wird, was ausgesprochen schade ist. Ich stelle allerdings fest, dass es eine sehr ausgeprägte Begeisterung für den Film „Sound of freedom“ gab, der eine Fiktion ist - und es gäbe viel über seine Förderer zu erzählen -, aber nicht für reale, seriöse und gut überprüfte Zeugenaussagen. Ich habe auch den Eindruck, dass einige dieses Thema und manchmal auch meine eigene Arbeit mehr für den Hype nutzen - oder auch, um sich selbst ins Rampenlicht zu stellen- als wirklich etwas dafür zu tun, dass dieses toxische System gestoppt wird.


Ich bin sehr froh, dass Chantal Frei und Anneke Lucas, die in dem Film Les Survivantes aussagen, mehr Beachtung finden, und dass dieser Film die Thematik für ein Publikum sichtbar macht, das bisher keinen Zugang dazu erhielt, denn eines muss man feststellen: Vor Covid waren wir in Frankreich nur eine Handvoll Menschen, die diese Themen ansprach, unsere Arbeit blieb weitgehend im Verborgenen.


Dieses Thema, das so stark zensiert und unsichtbar gemacht wird, zumindest wenn es darum geht, was ich oder andere veröffentlichen, scheint nun eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, und das ist gut so. Ich habe jedoch erhebliche Zweifel über das "Wie“, insbesondere, wenn es um den kommerziellen Aspekt und um die Ausnutzung dieses Themas geht, denn da wird das eigentliche Hauptanliegen außer Acht gelassen, nämlich wie können wir dieses Massaker endlich stoppen?


Wie kann man die Zahl der Opfer reduzieren oder gar die Kinder retten, die in diesen Netzwerken gefangen sind und von ihnen missbraucht werden? Und, last but not least, wie hängt dieses Thema mit den anderen, aktuellen Themen zusammen, wie z. B. die Pläne der WHO, die "sexuellen Rechte" von Kindern durchzusetzen.


Dieses Thema haben Sie im September 2023 mit Anneke Lucas thematisiert. Es ist ein Tabuthema, selbst bei denjenigen, die heute angeblich Pädokriminalität denunzieren. Derzeit spricht niemand darüber, obwohl es hoch aktuell ist, weil die Medien vor allem auf Sensationen und Emotionen abzielen.


Ich bin besorgt darüber, dass, nicht nur unter den Mediengesichtern, die zwar nichts über dieses Thema wissen, aber in den Medien sehr präsent sind - und übrigens auch in der sogenannten "alternativen“ oder Dissidentenszene - echte Leugner satanistischer Netzwerke auftauchen.


Selbige Profile schreien auf, sobald bekannt wird, dass eine berühmte Persönlichkeit in einen pädokriminellen Ring verwickelt ist. Das Leugnen satanistischer Praktiken in bestimmten pädokriminellen Netzwerken kommt dem Leugnen gleich, dass auf den Tag die Nacht folgt. Leider haben diese Beiträge, die Zweifel säen, durchaus eine Wirkung auf diejenigen, die darüber noch nichts wissen, keine Be- oder Hinweise zur Hand haben und nicht wissen, wo sie überhaupt anfangen sollen zu suchen, um Informationen darüber zu finden. Abschließend kann ich sagen, ich den Eindruck, dass diese Art der Mediatisierung, wie sie also stattfindet, mit einem Stillstand oder Rückschritt einhergeht: Wir müssen diese Netzwerke, ihre Mechanismen und ihre realen Auswirkungen auf die Gesellschaft unbedingt beschreiben und offenlegen, um dagegen vorgehen zu können. Dieser Zusammenhang wird im selben Maße tabuisiert wie meine Ermittlungen zensiert werden.

 


Was ist Ihrer Meinung nach die wichtigste Botschaft, die Menschen zum Thema Pädokriminalität hören sollten?

 

Es gibt mehrere wichtige Botschaften, aber ich möchte hier zwei Punkte hervorheben. Erstens: Diese Netzwerke sind sehr real, und sie haben einen maßgeblichen Einfluss auf die Gesellschaft, weil sie systematisch und im Verborgenen die verschiedenen Ebenen der Macht infiltrieren. Sie sind heute in allen Bereichen der Gesellschaft präsent.


Außerdem entwickeln sich ihre Methoden fortlaufend weiter: Sie führen Experimente an Kindern durch und kennen die Mechanismen sehr genau, um mit Traumata umzugehen und Amnesien zu erzeugen. Es ist daher wenig überraschend, dass Überlebende erst sehr spät berichten können: Ich habe mehrfach den langen Prozess miterlebt, der dazu führt, dass Erinnerungen hochkommen, wobei einige der traumatischsten Erinnerungen vielleicht nie wieder auftauchen. Heute gibt es ideologische Gremien, die gezielt die öffentliche Meinung manipulieren, indem sie die traumatische Amnesie leugnen und die Fachleute, die mit ihr arbeiten, diskreditieren.

 


Sie haben sich auch intensiv mit dem Thema des Recycling von Nazis in der Nachkriegszeit beschäftigt. Wie sehen Sie das Projekt der Transhumanisten heute, und welche Verbindungen bestehen hier zu den pädrokriminellen Netzwerken der Macht - Sofern Sie solche Verbindungen feststellen konnten?


 

Die Nazis jagten dem Mythos des Übermenschen nach, und dies in Fortschreibung der eugenischen Strömung, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den USA, Großbritannien und Deutschland sehr einflussreich war.


Die Ideen der Geburtenkontrolle, der sozialen Kontrolle, der Ausmerzung der "unwerten Leben“ und der Verdinglichung des Menschen wurden in bestimmten ideologischen Diskursen immer prägnanter.


Während des Krieges hatten die Nazis das Ende des Reiches vorbereitet, indem sie die deutsche Wirtschaft retteten, und sie Dank des undurchsichtigen Finanzsystems ins Ausland verlagerten.


Nach Kriegsende wurden sie massenhaft nach Lateinamerika, in den Nahen Osten und in die USA exfiltriert, wo sie wieder ihre okkulten Netzwerke aufbauten, welche sich in den Dienst von Diktaturen und der Amerikaner stellten und sich in den globalisierten Kapitalismus einfügten.


Die Nazis wurden nur symbolisch bestraft. Die Zeit der Säuberung war sehr kurz, sodass sie massenhaft - vor allem Militärs und Wissenschaftler - von den Siegermächten vereinnahmt und übernommen wurden. Sie arbeiteten unter anderem bei der NASA, in den MK-Ultra-Programmen, im Silicon Valley und für die CIA.


Aus Studien zur Rassenhygiene wurde zum Beispiel Genforschung.

Mit amerikanischer Finanzierung und Patenten haben die Nazis die eugenische Logik sehr weit getrieben, und das eugenische Projekt ist teilweise zum transhumanistischen Projekt des "verbesserten Menschen“ mutiert.


Laut den von mir untersuchten Zeugenaussagen von pädokriminellen, insbesondere Satanischen Netzwerken, gibt etwa die Hälfte an, aus Familien zu stammen, die offen Nazis oder Nazi-Sympathisanten sind - unabhängig von der sozialen Schicht oder vom Land.

 

Wie ist zu verstehen, dass Nazis und ihre Nachkommen besonders stark in "satanische" Netzwerke involviert? Ich recherchiere weiter zu diesem Thema, aber es lässt sich jetzt schon sagen, dass ihre Verbindungen zu den amerikanischen Geheimdiensten  wahrscheinlich ein Teil der Erklärung sind. Meinen bisherigen Recherchen zufolge hatten die Nazis eine große Toleranz gegenüber Pädokriminalität, solange sie die "aktive" Rolle innehatten. Und ihre rituellen Praktiken enthielten viele Kennzeichen des Satanismus und seiner Ableger, eine Mischung aus Okkultismus, der von englischen Strukturen wie dem „Golden Dawn“ und der germanischen und nordischen Kultur inspiriert war, wie etwa der "Schwarzen Sonne". Die Nazis waren nie Feinde des kapitalistischen Systems. Sie blieben dessen Beschützer, wie das ukrainische Regime heute auf recht unverblümte Weise zeigt.


Bei der ersten Gelegenheit werden sie meiner Meinung nach wieder offen zutage treten - und zwar aus denselben Gründen wie schon 1933.

 




Zur Vertiefung:


• Ariane Bilheran: «Anneke Lucas: itinéraire d’une enfant jetable»: Der Lebensweg eines Wegwerfkindes, AntiPresse No. 408, 24/09/2023, pp. 13-18.

 

• Ceri, Vorwort der 2. Ausgabe von Ariane Bilheran, L’internationale nazie, Bookelis.

 

• «50 voices on ritual abuse», Aussagen von Überlebenden ritueller Gewalt (auf Deutsch)


• Slobodan Despot, «L’homme qui ne rit plus», Antipresse No. 399, pp. 2-8.

 

• Chantal Frei, Satanisme et violence ritualisée - une survivante parle! Vivre l’impensable et le transcender, Nouvelle Terre, 2023. Auf Deutsch: Ich rede! Mein Leben und der Ausstieg aus satanistisch ritueller Gewalt-Vorwort, von Dr. Marcel Polte.

 

 

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